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Aktuelles
 (eng.)

Äthiopien - Innenpolitik

Quelle: Auswärtiges Amt

Staatsaufbau
Im Dezember 1991 verkündetet die Übergangsregierung nach dem Sturz des Regimes von Mengistu Haile Mariam durch die „Ethiopian People's Revolutionary Democratic Front“ ein Dekret über die Neuordnung des Landes. Statt in die bisherigen Provinzen wurde Äthiopien in 14 nach ethnischen Gesichtspunkten gebildete
'Regional Sates aufgeteilt. Nach der Verfassung von 1994 ist Äthiopien ein föderaler und demokratischer Staat. Die Bundesstaaten sind entlang ethnischer Grenzen gebildet und genießen weitgehende Autonomie. Dies bedeutet eine Abkehr von der Tradition starker Zentralisierung und der Dominanz der amharischen Volksgruppe - zumindest formal. Gemäß der Verfassung führt Äthiopien auf allen administrativen Ebenen regelmäßig Wahlen durch, zu denen Oppositionsparteien zugelassen sind. Die Unabhängigkeit der Justiz ist verfassungsmäßig verankert.

Staatschef
Präsident von Äthiopien ist seit Oktober 2001 der bis dahin weitgehend unbekannte Wolde Giorgis. Der Bundespräsident hat eine protokollarische, repräsentative, nicht jedoch eine politische Rolle, darf daher auch keiner Partei angehören. Die politische Macht liegt beim Premierminister, der laut Verfassung die Exekutive leitet, dem Ministerrat vorsitzt und die Streitkräfte befehligt.

 

Regierung und Opposition
Premierminister von Äthiopien ist Meles Zenawi. Nach dem Sturz des kommunistischen Diktators Mengistu im Mai 1991 wurde der Rebellenführer Zenawi zunächst Staatschef der Übergangs- regierung. Aus den ersten Mehrparteienwahlen im Jahr 1995 ging Zenawi als Regierungschef hervor.
Dominierende politische Kraft ist die Parteienkoalition Ethiopian People's Democratic and Revolutionary Front (EPRDF) mit ihren regionalen Partnerparteien. Tonangebend ist in der EPRDF die Tigray People' Liberation Front (TPLF), die den Befreiungskrieg gegen das Derg-Regime anführte. Ideologische und personelle Differenzen und die angeblich zu nachgiebige Haltung der Regierung gegenüber Eritrea führten im Frühjahr 2001 zu einem Machtkampf innerhalb von TPLF und EPRDF, den Premierminister Meles gewann. Seitdem hat die Regierung den Weg der Reformen in Richtung Marktwirtschaft eingeschlagen. Offizielle Doktrin ist dennoch immer noch das vage Konzept der "Revolutionären Demokratie", die als Alternative zur "Liberalen Demokratie" westlicher Industriestaaten gesehen wird, für die das Land in seiner Entwicklung noch nicht reif sei. Die EPRDF und ihre Partnerparteien hatten eine klare Mehrheit in allen Bundes- und Regionalparlamenten. Die Opposition war bisher organisatorisch, programmatisch, finanziell und personell nicht in der Lage, der EPRDF Paroli zu bieten. Sie wird darüber hinaus durch die Regierung in ihrer Tätigkeit behindert. Immerhin haben sich vor den Wahlen die größeren Par- teien zu zwei Koalitionen (CUD und UEDF) zusammengeschlossen. Die Oppositionsparteien organisieren sich - wie auch die Parteien des Regierungsbündnisses weitgehend entlang ethnischer Linien. Neben der legalen politischen Opposition und parteilosen Abgeordneten gibt es bewaffnete Oppositionsgruppen, die von der Regierung als terroristische Organisationen verfolgt werden. Dazu zählen insbesondere die Oromo Liberation Front (OLF), die Ogaden National Liberation Front (ONLF) in der Somaliregion und Al Ittihad Al Islamija, eine islamisch- fundamentalistische Organisation im Osten Äthiopiens. Diese bewaffneten Gruppen sind derzeit weitgehend bedeutungslos. Hinsichtlich ihrer harten Haltung im Kampf gegen bewaffnete Oppositionsgruppen allgemein und gegen Al Ittihad Al Islamija im Besonderen fühlt sich die äthiopische Regierung durch die Ereignisse vom 11.09.01 bestätigt.

nnenpolitische Lage und Entwicklung in Äthiopien stehen in engem Zusammenhang mit den Entwicklungsproblemen des Landes. Die Armut des Landes äußert sich in unzureichenden Ressourcen für Bildung, Justiz und öffentliche Verwaltung. Der Bevölkerung und der Verwaltung sind die Spielregeln der Demokratie häufig fremd. Die Regierung bekämpft engagiert die Korruption. Eine Kultur der Transparenz, des öffentlichen Diskurses und des fairen Umgangs mit dem politischen Gegner ist jedoch erst im Entstehen begriffen. Premierminister Meles hat seine Politik unter die Prinzipien Transparenz und Rechenschaft gestellt und einen breiteren gesellschaftlichen Dialog angekündigt.

Aktuelle innenpolitische Lage
Am 15. Mai dieses Jahres (2005) waren die 38 Millionen Wahlberechtigten in Äthiopien aufgerufen, ein neues
Parlament zu bestimmen. Zehn landesweite Parteien und 57 regionale Parteien haben teilgenommen. Der Wahlkampf dreht sich hauptsächlich um die Themen wirtschaftlicher Fortschritt und demokra- tische Reformen.
Nach den Vorwürfen von massiver Wahlfälschung bei der letzten Abstimmung im Mai 2000 hatte die Regierung zahlreiche internationale Wahlbeobachter eingeladen, die dieses Mal eine positivere Bewertung abgaben. Nach intensivem und offenem Wahlkampf fanden die Wahlen vom 15. Mai 2005 in einem in der langen Geschichte Äthiopiens beispiellosen Klima von Freiheit statt. Internationale Beobachter (AU, EU, Carter-Center, andere NROs) waren zugelassen und stellten einen insgesamt regulären Verlauf fest. Wegen Verzögerung der Stimmauszählungen kam es zu Protesten der Oppositionsparteien, schließlich ab 5. Juni auch zu Studentendemonstrationen, die die Polizei wegen des von Premierminister Meles verhängten Demonstrationsverbots auflöste. Verhaftungen führten zu weiteren Protesten, bei denen am 8. Juni etwa 40 Todesopfer bei Zivilisten und Sicherheitskräften zu beklagen waren. Die Regierung versuchte mit entschlossenen Maßnahmen Ordnung zu schaffen, doch kam es dabei auch zu Übergriffen und Menschenrechts- verletzungen. Der intensiven Vermittlungstätigkeit der ausländischen Geber – insbesondere der EU – ist es zu verdanken, dass Regierungs- und Oppositionsparteien sich am 10. und 13. Juni verpflichteten, einen geordneten Überprüfungsprozess der 299 Wahlbeschwerden durch die nationale Wahlbehörde einzurichten und zu respektieren sowie ihre Anhänger zu Ruhe und Gewaltverzicht aufzufordern. Vom Fortschritt dieser Prüfungen hängt nicht nur das Wahlergebnis, sondern der innere Frieden des Landes ab.
Seit dem 1. November gibt es erneut gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Opposition und Sicherheitskräften mit Toten und Verletzten in der Hauptstadt Addis Abeba, aber auch in anderen Städten.
Von Fahrten in das direkte Grenzgebiet zu Eritrea wird abgeraten. Die Grenzübergänge zwischen Äthiopien und Eritrea sind geschlossen. Von Reisen in die Region Gambella wird ebenfalls abgeraten. Vor Reisen in die Afar-Region, Somali-Region, in das Grenzgebiet zu Kenia (Moyale), das Grenzgebiet zum Sudan oder in den Westteil der Oromo-Region (Wellega) wird empfohlen, Rat und Auskunft der Botschaft einzuholen. Auf der Strecke nach Dschibuti und Harar sollte die Gegend um die Orte Metahara, Awash, Mieso und Asbe Teferi nicht nach 15.00 Uhr befahren werden, da es in jüngster Zeit dort gegen Abend und nachts zu Überfällen auf durchfahrende Fahrzeuge gekommen ist. Nachtfahrten sollten vor allem wegen des erhöhten Unfallrisikos im ganzen Land vermieden werden. Minengefahr besteht in den Grenzregionen zu Somalia, Sudan (nördlich von Gambella), Eritrea und zu Kenia (Borana-Region).

Ethnische Auseinandersetzungen/religiöse Toleranz
Ethnische Auseinandersetzungen verstärken die Probleme des Landes. Die Bildung der Regionen entlang ethnischer Grenzen hat das Selbstbewusstsein der Titularethnien gestärkt, insbesondere durch die Einführung ihrer Sprachen in Verwaltung und Unterricht, andererseits aber auch zu Intoleranz gegenüber ethnischen Minderheiten geführt, die sich gelegentlich in gewalttätigen Auseinandersetzungen entlädt. Im internationalen Vergleich und unter Berücksichtigung seiner Entwicklungsprobleme muss Äthiopien jedoch als Land mit bemerkenswerter ethnischer und vor allem religiöser Toleranz gelten. Verschiedene Religionen leben seit Jahrhunderten friedlich nebeneinander. In dieser Beziehung kann Äthiopien als beispielhaft gelten.